28. Oktober 2012

Interview Teil 2

 Teil 2 eines, wie ich finde, ganz interessanten Interviews. Ich habe es gegeben für eine (noch interne) Studie. Daher sind einige Partien im Druck geschwärzt, die aber nur den Namen des Institutes betreffen.
Teil 1 ist ja hier bereits auf dem Blog veröffentlicht...
http://loft2blog.blogspot.de/2012/10/vorab-interwiew.html

Teil 2


I.P.P

Wenn die Technik allgemein bedienbar ist und keine spezielle Ausbildung mehr benötigt, welche besondere Kompetenz wird dann verlangt um Bilder zu gestalten. Ist es die besondere Kreativität oder ist der Fotograf nur der Ausführende der die Ideen der Kreativen umsetzt?

e.schuy
Na ja, es gibt Solche und Solche. Der rein ausführende Fotograf dürfe heute wohl kaum noch eine Überlebenschance haben. Das ist das Thema mit der einfach zu handhabenden, digitalen Fotografie. Dinge abzubilden ist wohl kein Problem mehr, diese Aufgabe kann jeder erledigen. Ich habe noch nie erlebt, dass sich gute Kreative mit einfacher Fotografie zufrieden geben.  Um Bildideen einfach und reproduktiv umzusetzen braucht man heute keine Fotografen mehr. Jeder der eine Kamera bedienen kann, kann diese Arbeiten erledigen. In der professionellen, kommerziellen Fotografie wird die Fähigkeit verlangt zu überraschen durch gehaltvolle Assoziationen. So entsteht ein Zusammenspiel das notwendig ist wenn mehrere Personen an einem Bild arbeiten um Ideen begeisternd umzusetzen.

I.P.P.
Also ist es doch noch so, das Fotografen nicht wirklich austauschbar sind, denn  dann sind es ja nicht nur die freien Arbeiten sondern auch die Umsetzungen im Job die seinen Stil bestimmen.

e.schuy
Na klar, das sind Kür und Pflicht. Was nutzt es mich wenn ich feine Bildchen knipsen kann aber unter Druck und mit klaren Anforderungen an Kreativität und Effektivität versage.  Aber davon abgesehen, bei der Menge an guten Fotografen, jeder ist austauschbar. Aber Jeder der diesen Beruf verstanden hat wird sich einen Stil oder besser gesagt eine Bildsprache zulegen an der er erkannt werden kann.  Nur so kommt man zu Auftraggebern die den einen, bestimmten Fotografen wirklich haben wollen.  Und das ist auch, um wieder etwas Bezug zum Thema zu nehmen die wirkliche Konstante in der Fotografie. Das war so und wird immer so bleiben wenn kommerziell gearbeitet wird.

I.P.P.
Aber der Fotografenmarkt scheint zu boomen, woher kommen die Aufträge.

e.schuy
Boomt er wirklich? Ich denke nicht, nur die Anzahl der Fotografen auf die sich die Aufträge verteilen steigt. Man müsste jetzt einmal eine Statistik haben welche Fotojobs an welche Fotografen vergeben werden. Ich erlebe ja auch das einfache Sachaufnahmen nicht mehr unbedingt bei mir oder in den großen Studios der Kollegen landen.  Das wird immer mehr direkt in den Unternehmen durch Mitarbeiter erledigt. Dann kommen die Jobs die nicht  so wichtig sind aber ein gewisses Equipment verlangen, das sind die Aufträge die wir alle gerne haben möchten. Die großen Studios um für eine Grundauslastung zu sorgen, auch wenn der Assistent ihn fotografiert, damit finanziert er sich zum großen Teil wenn er fest im Studio angestellt ist und die Fotografen die als Mitbewerber auftreten, die ihren Lebensunterhalt aber nicht durch die Fotografie bestreiten müssen, Ihr Hobby aber genau durch solche Aufträge finanzieren und im Heimstudio, für meist kleines Geld, diese Jobs übernehmen. Und danach folgen die Jobs die praktisch nur an Fotografen gegeben werden die über das nötige KnowHow, entsprechende Kontakte und ein gut organisiertes fotografisches Umfeld verfügen. Sie sehen, es ist der mittlere Bereich, der wahrscheinlich auch das größte Volumen hat, der durchaus zu Konflikten und echter Konkurrenz führen kann. Es ist halt schwierig wenn Mitbewerber unter völlig anderen Voraussetzungen kalkulieren können. Das ist ein Thema über das man stundenlang diskutieren könnte und wahrscheinlich zu keinem Ergebnis käme. Letztendlich ist es wohl gut so wie es ist, denn auch dieses Problem beruht auf technischem, politischem und gesellschaftlichem Fortschritt. Also ein Fortschritt der durch die allgemeine Weiterentwicklung bedingt ist und den kann man nun jetzt einfach einmal nicht mögen nur weil man als Fotograf davon betroffen ist.
Zurück zum Kern der Frage. Es gibt nur eine Möglichkeit für Fotografen. Sie besteht darin, eine individuelle, anerkennenswerte Marke zu entwickeln. Das geschieht durch Persönlichkeit, seriöses Arbeiten und eine wirklich eigene Bildsprache.

I.P.P.
Sie haben eine solche Bildsprache?

e.schuy
Ich werde ganz bestimmt nicht meine Bilder beurteilen und sie einem bestimmten Stil zuordnen. Einen Stil selber zu erkennen und Ihm mit Macht treu bleiben zu wollen halte ich für ganz gefährlich, das würde doch fast automatisch dazu führen das ich mich selbst kopiere.  Nein, ich will mich ständig weiterentwickeln, will wirklich neue Bilder schaffen aus der Art der Inspiration wie ich sie für mich entdeckt habe und dann kommt schon etwas Typisches dabei heraus und ich laufe nicht Gefahr Bilder von Kollegen zu kopieren.

I.P.P.
Jetzt bin ich gespannt auf Ihr Inspirationsmodell!

e.schuy
Sie wollen jetzt  m e i n Rezept hören?
Das wird aber kompliziert hier. Also, ich versuche es. Zunächst schaue ich mir relativ wenige Bilder meiner Kollegen an, ganz besonders wenige Produktaufnahmen und Stilllifes. Wenn ich zum Beispiel an einem bestimmten Thema arbeite, vermeide ich es sogar ganz bewusst Bilder zu schauen, Texte und Bücher zu lesen die auch nur annähernd zu dem Thema passen könnten. Sehen Sie, Inspiration bedeutet doch nicht Bildideen zu finden die man übernehmen kann. Inspiration entsteht durch Abrufen und Kombinieren von Erfahrungen, Gesehenem, Gelesenem und Gehörtem, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der zu findenden Lösung stehen.  Also Dingen die ich aufnehme und die in meinem Kopf zu neuen Bildern verarbeitet werden.

I.P.P-
Sie behaupten, dass Bilder sie nicht inspirieren?

e.schuy
Ich versuche mich von Bildern nicht inspirieren zu lassen, zu schnell endet das in der Kopie! Und ich halte es für respektlos und anmaßend gute Bilder nachzustellen. Da sind wir bei dem Thema des geistigen Diebstahls, der Plagiate und des Kopierens. Auch kreative Ideen und Umsetzungen halte ich für schützenswürdig.  Das zu missachten läuft immer darauf hinaus eigene Defizite auszugleichen und sich auf Kosten Anderer selbst profilieren zu wollen.

I.P.P.
Aber das lässt sich doch kaum kontrollieren. Schon gar nicht bei der Bilderflut die wir im Internet finden

e.schuy
Nur weil man es nicht kontrollieren kann wird es ja nicht legal. Es gibt aber auch Tools um gezielt nach Kopien im Internet suchen zu können.

I.P.P.
Suchen Sie  nach Bildern die nach Ihren Vorlagen entstanden sind, oder gar nach Ihren Bildern die widerrechtlich genutzt werden?

e.schuy
Nein, ich habe das einmal ausprobiert, es funktioniert. Danach habe ich nie wieder nach Bildern von mir gesucht. Das bringt mich nicht wirklich weiter. Manchmal bekomme ich einen Tipp von Bekannten, aber ich rege mich dann ja doch nur auf. Etwas dagegen zu unternehmen ist eigentlich unsinnig, die Kopierer entlarven sich meisten schnell selbst. Wissen Sie, jemand der Bilder oder Bildideen kopiert und sie stolz im Internet präsentiert dokumentiert damit auch sein Niveau. Aber ich gebe zu nicht immer gelingt es mir damit souverän umzugehen.

I.P.P.
Ist das ein Problem des Internet ?

e.schuy
Nein, natürlich nicht, da wird es nur direkt sichtbar. Das Internet macht alles möglich. Wenn wir über Internet sprechen würde ich aber gerne das Medium mit seinen unendlichen Informationsmöglichkeiten trennen von den täglichen, Postings auf den sogenannten Social Media Plattformen die hauptsächlich dem Teilen der täglichen Belanglosigkeiten und Termine dienen.
Genau betrachtet nehmen diese Plattformen doch mittlerweile bei vielen Personen einen erheblichen Stellenwert ein, was die tägliche, wenn auch oberflächliche  Wahrnehmung unseres Umfeldes angeht. Fotografisch betrachtet, bestimmt hier die Selbstdarstellung ohne wirklichen Hintergrund den Zeitgeist, also einen Trend in der Gesellschaft. Was mich immer wieder wundert, ist wie sehr akzeptiert das mittlerweile ist.  Ich war völlig überrascht als ich vor einigen Tagen ein Interview mit einem Medienwissenschaftler hörte. Es ist wirklich faszinierend wenn auch aus anderen Bereichen solche Meinungen aufkommen die sich fast 1:1 auf die Fotografie übertragen lassen. Ich habe mir das noch einmal herausgesucht, in einem etwas anderen Zusammenhang sagte er folgendes:

Zitat:
Ich halte sie für typisch für einen Trend in der Gesellschaft, dass nämlich das Äußerliche, die Selbstdarstellung, die Selbstvermarktung, die Oberhand gewinnt gegenüber der Substanz von Können und Wissen. Das ist es, was ich gefährlich finde, weil da Tendenzen des Marktgeschehens und des Konformismus hochgehalten werden und das eigentlich Substanzielle der Entwicklung einer Persönlichkeit in den Hintergrund gedrängt wird.

Zitat Ende  >Bernd Gäbler, Medienwissenschafter in einem Interview mit dem WDR in dem es um Castingshows ging.

Siehe:  Hohle Idole

Besser kann man es wohl kaum beschreiben. Aber das wiederum hat überhaupt nichts mit ernsthaftem Social Marketing zu tun!  Im Social Marketing geht es mir darum interessante Neuigkeiten zu erfahren und zu verbreiten. Die Relevanz der der Mitteilungen und Postings für Andere, sollte aber auch immer bedacht sein!

I.P.P.
War jetzt früher alles besser?

Eschuy.
Hört sich fast so an, nein es ist natürlich nicht so! Aber das zu erwähnen ist ja schon sehr banal. Alles ändert sich, wie sollte es Fortschritt geben wenn wir nicht positive und negative Eigenschaften damit erfahren.  Ein 70jähriger Indianer hat sich 1820 wahrscheinlich auch darüber beschwert, dass die Trommelsignale zu laut sind, seine geliebten Rauchzeichen waren eindeutig leiser. Trotzdem bedeutet die Zuhilfenahme der Akustik in der Kommunikation einen gewaltigen Fortschritt. Das wir fotografisch nicht mehr auf Fremdpropaganda angewiesen sind sondern uns sogar international präsentieren können ist doch genial. Wenn das kein Fortschritt ist, bei dem wir auch verzeihen können was sonst noch damit einhergeht, dann wird es schon sehr öde.  Alleine die Faszination, die Spannung die damit verbunden ist, fast täglich neue Herausforderungen entdecken zu können macht einfach nur Spaß.

I.P.P.
Herr Schuy, sie scheinen ein sehr klares Bild von Ihrer Umwelt und Ihren Zielen zu haben. Haben Sie Vorbilder?

e.schuy
Wenn das ein Lob war, herzlichen Dank!
Vorbilder, ich glaube nicht. Zumindest nicht direkt und umfassend. Sicher gibt es Leute die sich auf einem Gebiet einen Status erarbeitet haben den ich bewundern kann, dann ist es aber nicht mein Ziel auf diesen Platz zu kommen  sondern vielleicht direkt daneben, mit meiner persönlichen Eigenständigkeit. Also es gibt eine Menge Leute die mich faszinieren, die sind dann zum Teil auch echter Antrieb meine Ideen und Ziele so zu puschen das sie zu einem Erfolg führen der bemerkt wird.

I.P.P
Eberhard Schuy, herzlichen Dank für das ausführliche Interview, ich freue mich auf die vielen Ideen die sie noch haben und hoffe das alle so erfolgreich werden, dass wir sie bemerken!


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